Okt. 142018
 

Nachdem ja das Desaster zugeschlagen hat, muss ich einen neuen Sattel schnitzen. Nun, Knochensättel sind auf dem Weg, irgendein Vertragspartner der Post wird sie sicher zu einer Zeit zustellen, zu der ich nicht zuhause bin, und ich werde wieder mal irgendwohin laufen können … jedenfalls kann ich mir jetzt mal Gedanken machen, wie der Sattel aussehen hat.Rein prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten, die Saitenkerben in den Sattel zu setzen: man kann schlicht und einfach den verfügbaren Platz durch (Anzahl Saiten – 1) teilen und in diesen Abständen (jeweils zwei im Fall einer 12-saitigen Gitarre) Kerben setzen, oder man kann sie so setzen, dass der Zwischenraum zwischen den Saiten(paaren) konstant bleibt. Nachdem die Saiten unterschiedliche Dicken aufweisen, ist das nicht dasselbe!

Der demolierte Plastiksattel dürfte die Kerben in relativ konstantem Abstand gesetzt haben, soweit ich das messen konnte. Sprich, die Leerräume zwischen den Saitenpaaren wären unterschiedlich gewesen, bei den tieferen Saiten deutlich schmäler als bei den hohen. Mag mathematisch ansprechender sein, aber für die Finger ist es das weniger. Die Saitenpaare selbst hätten Kerben in einheitlichem Abstand gehabt. Das ist nicht optimal, da die angeschlagenen Saiten unterschiediche Auslenkungen aufweisen – dicke Saiten brauchen mehr Platz. Möglicherweise wären die tiefen Saiten also aneinandergeschlagen, während die höheren Saiten problemlos näher aneinander gesetzt werden könnten. Nun, ich werde es nie erfahren …

Jedenfalls – wenn ich schon schnitzen muss, dann soll das Ergebnis bitteschön optimal sein. Rechnen wir also mal eine Idealverteilung aus!

Proportionalverteilung

Hierzu gäbe es bei Stewart-MacDonald eine hübsche Sache: ein Lineal mit kontinuierlich kleiner werdenden Abständen, mit dem man ganz einfach auf dem Sattel die Markierungen zum Kerben anbringen kann. Zwei kleine Nachteile an der Sache:

  1. Stew-Mac sitzt in Amerika. Der Transport dauert ein Weilchen und kostet ein Häufchen.
  2. Das Lineal ist für sechssaitige Gitarren gedacht. Die Anwendung für meine 12saitige würde zusätzliches Kopfkratzen bedeuten …

… und wenn ich sowieso kopfkratzen muss, kann ich das auch auf meine Lieblingsmethode erledigen. Rechenprobleme gehören mit dem Rechenknecht erschlagen 😎 – im konkreten Fall reicht ein Spreadsheet. Welche Werte gehen in die Berechnung ein?

  • die Saitendicke. Nachdem es etwas mühselig wäre, einen eigenen Sattel für jeden möglichen Saitensatz anzufertigen, gehe ich mal von einer durchschnittlichen Dicke aus – und gleiche das mit den Sattelfeilen ab, die ich habe.
  • die Halsweite. Die ist vorgegeben – Holz an den Hals anstückeln geht nicht gut, Holz wegnehmen will ich nicht. Der Bausatzsattel ist 48 mm breit; angenehmerweise ein Standardmaß, also habe ich Sättel in dieser Breite geordert.
  • der Abstand der Saiten vom Halsende. Die äußersten Saiten müssen ein wenig nach innen versetzt werden, weil die Bundenden ja nicht senkrecht sind – und weil man sonst unweigerlich öfter mal beim Greifen mitsamt der Saite vom Griffbrett abrutschen würde. Der Bausatzsattel hat hier etwa 3,6 mm Platz vorgesehen; das werde ich beibehalten.
  • der Abstand zwischen den Saiten eines Saitenpaars. StewMac hat hierzu eine hilfreiche Seite, auf der als Daumenregel für die vier dickeren Saitenpaare (mit den umwundenen Saiten) ein Mitte-zu-Mitte-Abstand von 7/64″ und für die anderen Paare ein Abstand von 5/64″ veranschlagt wird. Nur … wenn ich schon am Rechnen  bin, warum  dann nicht auch diesen Abstand proportional gestalten?

Zusätzlich gäbe es theoretisch die Griffbrettwölbung zu beachten; das Griffbrett dürfte mit einem 12″-Radius gewölbt sein (das ist aktuell nur geraten – die notwendigen Messwerkzeuge schippern schön langsam von China herüber 😎 ), wodurch ein oben am Sattel aufgelegtes Lineal (bzw. Papier) ein klein wenig länger sein müsste als bei einem geraden Sattel. Meinen Berechnungen nach ist die Abweichung allerdings im Bereich von etwa 0,03 mm, also vernachlässigbar.

Ausgestattet mit diesen Überlegungen habe ich ein Spreadsheet gestaltet, das eigentlich die Gestaltung eines perfekt gekerbten Sattels ermöglichen sollte; und weil ich schon dabei war, für 6-, 7-, und 8-saitige Gitarren auch gleich mit; wer weiß, ob ich so etwas nicht auch einmal baue. Perfektion bis auf drei Nachkommastellen … sofern meine Fingerfertigkeit mit dem tollen Plan dann auch mithalten kann 🙂

Für 12-saitige Gitarren gibt’s dabei noch eine Feinheit zu beachten: nachdem die tieferen 4 Saiten mit einer um eine Oktave höheren Begleitsaite versehen sind, gibt es zwei Möglichkeiten, die Teile eines Saitenpaars anzuordnen: so dass die höhere oder die tiefere „oben“ liegt. Für E-Gitarren scheint es gängig zu sein, die höhere Saite zuerst aufzuspannen, wobei Rickenbacker es anders herum handhaben dürfte. Ich habe keine elektrische 12saitige Gitarre; meine alte 12-saitige EKO-Westerngitarre hält es wie die Mehrheit. Die beiden Methoden erfordern natürlich ein umgedrehtes Layout, weil die Saiten unterschiedlich dick sind. Theoretisch könnte ich achselzuckend zwei breitere Kerben machen; praktisch werde ich zunächst mal einen Sattel für das „Standard“-Layout kerben, aber das andere bei der Berechnung auch gleich vorsehen.

Das LibreOffice-Spreadsheet gibt’s hier: Nut Proportional – das ist in jedem Detail konfigurierbar gestaltet, so dass ich es leicht an andere Gegebenheiten anpassen kann.

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 Veröffentlicht von am 16:36

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